Pädagogische Schwerpunkte / Konzeption

Informationen zur Kleinkindpädagogik nach Emmi Pikler

Lebensweg von Emmi Pikler

Emmi Pikler (gebürtig Emilie Madleine Reich) war eine ungarische Kinderärztin, die im 20. Jahrhundert neue Wege in der Kleinkindpädagogik ging.

Am 9. Januar 1902 in Wien geboren zog sie 1908 mit ihren Eltern (Mutter Kindergärtnerin, Vater ungarischer Handwerker) nach Budapest.

Als sie 12 Jahre alt war, starb ihre Mutter. Sie studierte in Wien Medizin und promovierte 1927.

Emmi Pikler vertrat die Ansicht, die Persönlichkeit eines Kindes könne sich dann am besten entfalten, wenn es sich möglichst selbstständig entwickeln darf. Aufgabe der Erwachsenen sei es, dem Kind Geborgenheit in sicheren, stabilen Beziehungen zu vermitteln und seine Umgebung so zu gestalten, dass das Kleinkind entsprechend seinem individuellen Entwicklungsstand selbstständig aktiv werden könne.

Sie fand diese Erkenntnis in der Erziehung ihrer eigenen Tochter Anna Tardos (geb.1931) bestätigt, und widmete ihr Leben der Umsetzung und Vertiefung dieser Grundgedanken.

Weitere Erfahrungen zur frühkindlichen Entwicklung gewann Pikler aus ihrer Privatpraxis als Kinderärztin und aus dem von ihr 1946 gegründeten Säuglingsheim "Lóczy" in Budapest, das sie bis 1979 leitete.

Dort fand sie die Möglichkeit, ihre pädagogischen Ansätze konsequent umzusetzen, durch Forschung zu dokumentieren und bei Fortbildungen etc. weiterzugeben.

Sie starb am 6. Juni 1984 nach kurzer, schwerer Krankheit in Budapest.

Ihre Arbeit fand in den letzten Jahren ihres Lebens im In- und Ausland immer mehr Anerkennung. So veröffentlichte sie zahlreiche Bücher, z.B. „Friedliche Babys, zufriedene Mütter“ im Herder-Verlag, oder „Lasst mir Zeit“ im Pflaum-Verlag.

Nach der Pikler-Pädagogik sind insbesondere folgende drei Aspekte wichtig:

1. Pflege, die als behutsame körperliche Versorgung und als Kommunikation mit dem Kind geschieht, wobei darauf geachtet wird, dass das Kind nach eigenem Wunsch beteiligt wird. Die dadurch entstehende emotionale Sicherheit bietet die Grundlage für seine Eigeninitiative und selbständige Aktivität.

2. Bewegungsentwicklung, die das Kind aus eigenem Antrieb und nach eigenem Rhythmus ohne die lenkenden und beschleunigenden Eingriffe des Erwachsenen durchläuft.

Jedem Kind wird die Zeit gelassen, die es für das Finden seines Gewichtes in jeder neuen Position von sich aus braucht. Dadurch entsteht keine unnötige Abhängigkeit vom Erwachsenen. Die Erfahrung, aus eigener Kraft etwas zu schaffen, gibt dem Kind Selbstvertrauen.

3. Spiel, das frei und ungestört in einer geschützten, altersgemäß ausgestatteten Umgebung stattfindet.

Kinder haben von selbst Interesse an ihrer Umwelt, wollen Dinge erforschen und Neues lernen.

Ein Kleinkind, das nach diesen Grundsätzen aufwachsen kann, hat gute Voraussetzungen für ein positives Körper- und Gesundheitsbewusstsein, für Beziehungs- und Teamfähigkeit, Autonomie und Selbstverantwortung - kurz: gute Startbedingungen für eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung.

Im Rahmen unserer Möglichkeiten wollen wir in unserer Einrichtung

einige Aspekte der Pikler-Pädagogik umsetzen

Wir geben den Kindern in unserem Tagesablauf viel Zeit und Raum für freies Spiel, so dass sich jedes Kind frei bewegen kann, wie es gerade seiner Entwicklungsphase entspricht.

Wir sind begleitend dabei, geben durch unsere aufmerksame Anwesenheit den Kindern die benötigte Sicherheit, um selbstständig aktiv zu werden und eigene Fähigkeiten, Grenzen und Kräfte einschätzen zu lernen.

Wir freuen uns mit dem Kind, wenn es einen neuen Entwicklungsschritt geschafft hat, aber wir lassen ihn das Kind selbst bewältigen, z.B. erstes Sitzen oder erste Schritte.

Konflikte können auch kleine Kinder oft schon selbst austragen.

Wir beobachten dabei, mischen uns aber nicht sofort ein, solange die körperliche Unversehrtheit gewährleistet ist. Die Kinder erfahren dabei ihre eigenen Grenzen und für lernen für sich selbst zu sorgen.

Vielfältige Anregungen werden u.a. durch die vorbereitete Umgebung gegeben.

In unseren Regalen ist verschiedenes Spielmaterial übersichtlich angeordnet, einzeln und mit Bildern unterstützt. Jedes Kind kann das Material ausprobieren, das es gerade für seine Entwicklung braucht.

Wir bieten auch „Spielinseln“ an, wo diverse Materialien als Anlaufpunkt im vorbereiteten Raum zur Verfügung stehen, z.B. Bewegungselemente, aber auch Bausteine, Orffinstrumente oder einfach Zeitungspapier. Als Spielmaterial setzen wir auch Alltagsgegenstände ein, wie z.B. Plastikflaschen oder Gardinenringe.

Essplätze, Garderobe, Wickelbereich und Schuhregale sind mit Fotos der Kinder versehen, so dass jedes Kind seinen eigenen Platz selbstständig finden kann und aktiv das Geschehen beeinflussen kann.

Beim Essen sitzt an jedem Tisch ein Erwachsener mit nicht mehr als sechs Kindern. Damit haben die Kinder eine feste Person als Ansprechpartner und es kann bedürfnisorientiert gearbeitet werden.

Auch im Garten haben die Kinder Möglichkeiten, ihre motorischen Fähigkeiten selbsttätig zu erproben und zu vertiefen. Die kleinen Hügel, der Kletterbereich und die verschiedenen Böden wie Stein, Wiese oder Sand geben ebenso Anregung wie zusätzliche Materialien, z.B. Rollfahrzeuge oder Sandspielsachen.

"Ein Kind, das durch selbständige Experimente etwas erreicht, erwirbt ein ganz andersartiges Wissen, als eines, dem die Lösung fertig geboten wird."

(Emmi Pikler)